Schon im Jahr 2014 kamen Geflüchtete aus den Balkanstaaten nach Jena und wir wurden von der Stadt beauftragt, sie hier in Lobeda zu betreuen und zwar in einer leerstehenden Schule, denn es gab noch keine Gemeinschaftsunterkunft. Die Schule ist jetzt wieder in Betrieb. Wir haben das Gebäude erst einmal eingerichtet, die ersten Menschen dort untergebracht und sozial betreut. Das heißt Anträge auf Leistungen begleiten, Arzttermine organisieren, begleiten, auch zu schauen, wer konnte mit wem in einem Zimmer untergebracht werden, wer kommt mit wem klar – das war auch unsere Aufgabe. Die meisten kamen aus Albanien, Kosovo, Mazedonien, ein paar Syrer waren auch mit dabei, aber nicht so viele wie im Sommer 2015. Manche konnten sogar gut Deutsch sprechen, weil sie schon in den 1990er Jahren in Deutschland waren und mittlerweile entweder freiwillig in ihre Heimatländer zurückgekehrt sind oder abgeschoben wurden. Ende 2014, Anfang 2015 sind sie wieder nach Deutschland gereist. Manche haben uns geholfen und waren Sprachmittler, wir konnten ja weder Albanisch noch andere Sprachen. Englisch konnten wir zwar, aber viele Geflüchtete nicht. Wir haben immer geschaut, wie wir uns mit den Menschen verständigen können. Kulturelle und religiöse Hintergründe haben im alltäglichen Zusammenleben gar keine so große Rolle gespielt, weil die meisten Muslime gewesen sind.
Schwierigkeiten gab es eher, wenn es um politische Fragen und um nationale Zugehörigkeiten ging. Also beispielsweise der Konflikt zwischen Kosovo und Serbien. Familien aus diesen beiden Ländern kamen oft nicht miteinander klar, oft gab es Streitigkeiten, manchmal kam es auch zu Handgreiflichkeiten. Und natürlich gab es, wie es auch in WGs oder Internaten der Fall ist, Auseinandersetzungen, weil die Küche und die Toiletten nicht sauber waren. Es ist ja ganz normal, dass es irgendwann eskaliert, wenn Menschen auf so engem Raum zusammenleben. Und natürlich waren Sprachschwierigkeiten ein Thema: manche konnten sich nicht miteinander verständigen, und das hat dazu beigetragen, dass Kleinigkeiten manchmal zu einem großen Problem wurden.1 Über unsere Beratungsstelle hatten wir schon vorher Kontakt mit Stadtteilbüros und anderen lokalen Netzwerkpartnern. Die sind damals auf uns zugekommen und fragten, wie sie die neu angekommenen Menschen unterstützen können. Und wir haben das dann koordiniert. Es wurden Lebensmittel bis Klamotten, alles Mögliche gebraucht. So wurde eine Kleiderkammer vor Ort von Ehrenamtlichen organisiert, Leute kamen und haben Kleider für Babys vorbeigebracht, Studierende boten Sprachkurse an. Es gab auch Menschen, die gesagt haben, wir organisieren Spielnachmittage für die Kinder, die da sind, damit sie ein bisschen Beschäftigung, Struktur haben und lernen können. Da hat man die erste Euphorie schon gemerkt, diese Willkommenskultur, viele Menschen, die unterstützen wollen, vom Ortsteilbürgermeister bis zum Sportverein. Und die Bewohner*innen waren dankbar, dass es so viel Hilfe gab und waren sogar überrascht über so viele Angebote.